Prof. Dr. Stephan Zimmermann

... war schon 2015 während seiner Promotion zum Thema Schatten-IT an der Hochschule Konstanz inhaltlich an der Gründung der BITCO³ GmbH beteiligt. Seit 2018 lehrt und forscht er an der Technischen Hochschule Augsburg als Professor für Wirtschaftsinformatik IT-Governance, EAM und strategisches IT-Management. Januar 2019 wurde er Geschäftsführender Gesellschafter der BITCO³ GmbH. Darüber hinaus ist er Gründungsbotschafter der Fakultät für Informatik in Zusammenarbeit mit THA_funkenwerk und Mentor für STARTUP TEENS.

Interview und Autor: Stefan H. Poleck

Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?

Im Rahmen meiner Forschung an der HTWG Konstanz habe ich mit meinem späteren Mitgründer Prof. Dr. Christopher Rentrop mehrere Fallstudien in Unternehmen durchgeführt. Aus dem Thema „Schatten-IT“ (Informationstechnologie, die informell von Fachabteilungen und vorbei am IT-Management eingesetzt wird) haben sich dann schnell weitere Themen herauskristallisiert: Wertbeitrag der IT, IT-Strategieentwicklung, Enterprise Architecture Management und IT-Governance. Alles im Kontext der Frage, wie Fach- und IT-Bereiche gemeinsam digitale Innovationen umsetzen können und wie aus traditionellen Unternehmen integrierte Technologieunternehmen werden. Aus den großen Erfolgen in den Fallstudien entstand die Idee, die Qualität unsere Forschungsergebnisse am Markt zu testen, in Form von Beratungsprojekten. So ist BITCO³ entstanden.

Was waren Ihre ersten Schritte?

Am Anfang haben wir unsere Produkte erprobt und erste Kunden gewonnen. Gleichzeitig stand die Frage nach unserer Servicequalität im Fokus. Es ging um unser Wertversprechen an unsere Kunden. In diesem Zuge haben wir unser Team erweitert und die ersten Kundenprojekte durchgeführt.

Was hat Ihnen geholfen?

1. Unser Team um meinen Mitgründer Christopher 2. Die methodischen Vorgehensweisen zur Problemlösung, die ich im Rahmen von Promotion und Studium erlernen durfte 3. Meine Praxisnähe, die ich im dualen Studium, verschiedenen Stellen in der Industrie sowie in meiner anwendungsorientierten Forschung aufbauen konnte.

Was waren Ihre größten Herausforderungen?

Zu Beginn der Gründung hatten wir sofort ein sehr großes Projekt – mit diesem Projekt vor Augen und unserem Anspruch ein hervorragendes Projektergebnis zu erzielen, haben wir den Vertrieb vernachlässigt. Ein typischer Fehler für eine Neugründung. Mit Ende des Projekts fehlten Folgeprojekte. Durch den weiteren Ausbau unseres Netzwerks und die Weiterentwicklung unserer Beratungsprodukte konnten wir die Situation dann meistern.

Was waren Ihre spannendsten Projekte?

Eine schwierige Frage, weil jedes unserer Projekte einzigartig ist. In unserer Anfangsphase gab es mehrere Projekte zu IT-Innovationen in Fachbereichen und zur IT-Strategieentwicklung in einem Halbleitertechnik-Unternehmen. Dabei konnten wir 
ein enormes Wachstum des Unternehmens mitgestalten. Das war superspannend. Ein weiteres spannendes Projekt war im Kontext der Digitalstrategie bei einem MDAX-Konzern. Ein strategischer Baustein dabei waren sogenannte Strategische 
Dialoge. Das heißt, wir haben Business Manager der verschiedenen Unternehmenssparten z.B. aus Vertrieb, Entwicklung, Einkauf usw. und die IT-Leitung in über 50 Dialogen zusammengebracht und strukturiert über Strategie und potenzielle digitale Innovationen gesprochen. Das war nicht nur aufgrund des neuen Formats sehr spannend, sondern weil wir aufgrund der COVID-Pandemie von heute auf morgen auf Online-Dialoge umsteigen mussten. Am schönsten waren die Ergebnisse und das überwältigende Feedback aller Beteiligten.

Was hebt Ihr Unternehmen ab?

Als Forschungsunternehmen haben wir uns auf sehr spezifische Themen fokussiert und erbringen eine sehr hohe Qualität. In den Bereichen IT-Governance, -Wertbeitrag und -Strategie sind wir absolute Experten. Unser Team hat dazu mehrfach auf top bewerteten Forschungskonferenzen publiziert und Bücher veröffentlicht. Diese Expertise zeigt sich auch in unseren aktuellsten Themen: Neben den erwähnten Strategischen Dialogen beschäftigen wir uns mit dem Management von Low-Code Plattformen und der Governance von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen

Wie kam es vor 2018 zur Idee an der Hochschule tätig zu werden?

Während und nach meiner Promotion hat mich die Lehre nie losgelassen und in meinem Mitgründer hatte ich ein Vorbild, das mir gezeigt hat, wie großartig anwendungsorientierte Forschung, Lehre und Praxis zusammen wirken können. So ist die Idee entstanden. An der TH Augsburg habe ich ein innovatives Umfeld mit tollen Kolleginnen und Kollegen gefunden, das mich bis heute darin bestärkt.

Wie finden Sie Balance zwischen Hochschule und Unternehmen?

Ich nehme das Unternehmerische als ergänzenden und wertvollen Blick in die Praxis war. Strategisches Arbeiten, Projekt- und Problemlösungs-Knowhow sowie Thementiefe helfen mir in meinen Aufgaben an der Hochschule sehr.

Welche Auswirkungen hatte Ihre Praxistätigkeit auf Ihre Lehre?

Meine Lehre lebt davon, Praxis einzubinden – sei es durch konkrete Projektbeispiele, durch das Schildern von Herausforderungen, die ich selbst erlebt habe oder durch Gastvorträge aus der Praxis. Für meine Studierenden bin ich dadurch nicht nur Dozent, sondern auch Mentor. Aus meiner Sicht ist es auch das, was eine Hochschule für angewandte Wissenschaften abhebt.

Aus welchen Gründen arbeiten nicht mehr ProfessorInnen umfangreicher mit der Wirtschaft zusammen?

An der Fakultät für Informatik der TH Augsburg gibt es sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die mit der Wirtschaft in unterschiedlichen Konstellationen zusammenarbeiten. Dies gestaltet sich über Forschungsprojekte mit Industriepartnern, mehreren Kollegen mit Gründungsbackground, langfristige Kooperationen mit der Fraunhofer-Gesellschaft oder eben Projekte und Abschlussarbeiten von Studierenden mit Praxispartnern. Das heißt, wir machen hier schon sehr vieles. Noch mehr zu tun, ist eher eine Frage der Kapazität als der Einstellung.

Was muss sich ändern, damit mehr ProfessorInnen den Schritt einer Gründung wagen?

In Bayern wurden dazu verschiedene spannende Dinge im Hochschulinnovationsgesetz in die Wege geleitet. Bis hin zu der Option Gründungsfreisemester bei Neugründungen z.B. im Technologiebereich zu beantragen. Allerdings bleibt die Frage, wie Ressourcen dann verteilt werden – wie z.B.: Wer übernimmt dann die eingeplante Lehre und Selbstverwaltung? Darüber hinaus gibt es viele Gründungszentren, bei uns z.B. das „Funkenwerk“ der TH Augsburg, die in die Richtung Ausgründungen von Forschenden arbeiten und für das Thema sensibilisieren. Am Ende ist es vermutliche eine Mischung aus Prioritäten- und Einstellungsfrage. Durch das Aufzeigen und Ausprobieren unternehmerischer Tätigkeit bei Professorinnen und Professoren können vielleicht mehr dafür begeistert werden. Ich kann es nur empfehlen.

Was wären Ihre wichtigsten Tipps für Studierende, Promovierende und andere ProfessorInnen, die ähnlich wie Sie, an der Schnittstelle zwischen Hochschule und Wirtschaft, unternehmerisch tätig werden wollen?

Es ist wichtig, eine intrinsische Motivation hinter der unternehmerischen Tätigkeit zu haben - bezogen auf die eigenen Themen, die Lehre und die Forschung. Für mich ist es zentral, dass ich meine Erfahrungen aus der Praxis – im Prinzip tagesaktuell – in 
meine Lehre einbringen kann. Zudem sehe ich an vielen Beispielen, dass die, die an dieser Schnittstelle arbeiten, unglaublich brillante Ideen haben und hervorragende Qualität liefern – weil sie neben dem Inhaltlichen auch methodisch sehr fit sind. Sich an diese Stärken zu erinnern, hilft sehr.

Welches Feedback bekommen Sie von Studierenden, wenn die erfahren, dass Sie unternehmerisch tätig sind?

Ich bekomme sehr viele positive Rückmeldungen. Gerade zu Beginn des Semesters kommen Fragen wie „Haben Sie das, was wir hier lernen, schon mal gemacht?“ oder „Warum ist das für die Praxis überhaupt wichtig?“. Mit meinem unternehmerischen 
Hintergrund kann ich diese Fragen immer sehr authentisch beantworten. Und auch sonst erhöht es die Aufmerksamkeit im Raum, wenn ich von konkreten, aktuellen Projekterfahrungen berichte. Das Schöne ist auch, dass sich dadurch viele Studierende bei mir melden, wenn sie über eine Geschäftsidee nachdenken. Das ist ein toller Vertrauensbeweis und ich denke, dass ich mit meiner eigenen unternehmerischen Tätigkeit zumindest ein kleines bisschen Vorbild sein kann.

© Stefan H. Poleck

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