Prof. Dr. Volker Herwig

... lehrt seit 2008 Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Erfurt. Mit zwei Absolventen gründete er das Gastro-Start-up pepperbill GmbH. Finanziert durch das EXIST-Gründungsstipendium und die bm-t Beteiligungsmanagement Thüringen GmbH konnte das Start-up den ersten Platz beim Gründerpreis Thüringen gewinnen.

Interview und Autor: Stefan H. Poleck

Wie ist es zur Gründung Ihres ersten Unternehmens gekommen?

Eigentlich habe ich drei Unternehmen gegründet: pepperbill GmbH, eine Digitalisierungs-Lösung für Gastro, Padango Solutions UG, Softwareentwicklung als „Übergangslösung“ und einen Online-Shop für Kaffee. Der ursprüngliche Plan war, mit drei Absolventen, die EXIST-Gründungsstipendien beantragt hatten, die pepperbill GmbH zu starten. Die anfängliche Idee war, potenzielle Gäste im Vorübergehen mit einer Handy-Nachrichten zu einem „Sonderangebot“ - zum Beispiel einem Cocktail - in ein naheliegendes Restaurant einzuladen. Der Kunden kann im Lokal mit dem Smartphone bestellen und bezahlen.

Was waren Ihre ersten Schritte auf dem Weg zur Gründung? 

Erst wurde der EXIST-Antrag gestellt, dessen Bewilligung sich neun Monate hinzog. Zur Überbrückung haben wir laufende Kosten mit Auftragsentwicklungen für mobile Apps im Rahmen der Padango Solutions UG erwirtschaftet. Das war eine gute Lern­erfahrung und als die Bewilligung dann vorlag, konnten wir umso schneller starten.

Was waren aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der Gründung? 

Für mich selbst war es das Thema Zeit, weil die Nebentätigkeit von Professoren in Thüringen auf einen Tag pro Woche beschränkt ist. Die professorale Arbeit steht im Vordergrund – und das ist schon eine Vollzeit-Tätigkeit. Das andere große Thema war das Geld. Denn wenn Sie ein Team haben, müssen Sie es auch bezahlen. Das Geld muss irgendwo herkommen. EXIST ist ein tolles Programm, um die Zeit bis zum Prototyen zu finanzieren, den man eben für größere Investoren braucht.

Wie haben Sie Balance zwischen Start-up und Hochschule gefunden?

Ich habe mich auf einen Tag pro Woche fokussiert, das war bei mir der Freitag. Da war ich im Büro des Start-ups. Das Team hat mich gut unterstützt und ich habe später den Vertrieb mit aufgebaut und verantwortet. Beim ersten Verkauf von Anteilen habe ich dann einen guten Teil meiner Anteile an die Mitgründer abgegeben, damit sich das quasi ausbalanciert.

Wie hat sich Ihre Start-up Praxis auf Ihre Lehre ausgewirkt?

Mit der praktischen Anwendung sammelt man spezifische Erfahrungen. Beispielsweise auch mit der Technologie, mit der wir da gearbeitet haben. Wir haben unter anderem auch eine iPhone-App für die Hochschule entwickelt. Kurzum: Man kann aus Lehrbüchern lehren, aber mir liegt es eher, dies mehr aus eigener Erfahrung zu tun. Aus einem anderen Projekt, einem Online-Kaffeehandel, habe ich eine Lehrveranstaltung für E-Commerce gemacht.

Warum gibt es Ihrer Meinung nach relativ wenige Professoren, die ein Start-up gründen? 

Den „Geist des Gründens“ haben aus meiner Sicht vor allem Personen mit Praxis-Erfahrung, dies ist an Fachhochschulen typischerweise eine Vorbedingung einer Berufung. Jemand, der in der Praxis war, vielleicht in der Beratung, hat viele Dinge gesehen. Der wird sich eher selbstständig machen. Oder jemand, der aus einer Unternehmer-Familie stammt und so den Geist quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat. Dann stellt sich allerdings die Frage, warum die Professur angestrebt wird, finanziell ist dies heutzutage wenig attraktiv. Rein praktisch ist dann noch das zeitliche Problem, eine Professur lastet schon sehr aus. In Thüringen beispielsweise mit der Restriktion auf maximal einen Tag pro Woche, ist es schon sehr schwierig, parallel an eine Unternehmensgründung zu denken.

Welches Feedback haben Sie von Studierenden bekommen, wenn die mitbekommen haben, dass Sie an einem App-Start-up beteiligt sind?

Die merken meine Begeisterung und kriegen ein Gefühl für Produkte und wie sie funktionieren. Viele finden das sehr spannend. Ich glaube, es ist durchaus wichtig, dass Studierende merken: Dieser Professor erzählt Dinge, die praxisrelevant sind. Manche von ihnen bekommen auch Eurozeichen in den Augen und denken: Wow, da kann man schnell reich werden. Aber sie lernen dann sehr schnell, dass es harter Arbeit bedarf, ein Unternehmen erfolgreich aufzubauen.

Was würden Sie Informatikern raten, die einen ähnlichen Weg gehen wollen wie Sie?

Ich würde überlegen, ob man direkt an der Hochschule promoviert oder extern. Der Weg an der Hochschule ist vier bis fünf Jahre lang und bietet oft weniger Praxisbezug. Eine externe Promotion findet näher an der Praxis statt, ist aber deutlich aufwendiger, da man parallel arbeitet und sich stärker motivieren muss. Für jüngere Professoren wären praxisorientierte Forschungsprojekte ein guter Schritt in diese Richtung. Dann lernt man kennen, was in der Praxis Interesse findet und das Feedback aus Messen zu berücksichtigen.

© Stefan H. Poleck

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