... wurde 2011 als Professor für ABWL mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik an die TH Rosenheim berufen. 2014 beteiligte er sich an der Ascendo Professional Consulting GmbH. Darüber hinaus ist er Leiter des Labor für Business Process Engineering der TH Rosenheim. Prof. Dr. Jarz tritt für mehr Kommunikation zwischen Hochschule & Wirtschaft und Praxistraining für Studierende in realen Projekten ein.
Interview und Autor: Stefan H. Poleck
Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?
Ich war früher in leitender Position an der FH Kufstein. Wir hatten sehr viele Studierenden-Projekte aus der Wirtschaft. Mit Semester-Ende waren die Projekte beendet. Leider öfter nur halbwegs abgeschlossen und für die Unternehmen nur mit Nacharbeiten brauchbar. So entstand die Idee, eine GmbH zu gründen, die als Vertragspartner für die Unternehmen den vollständigen Abschluss der Projekte gewährleistet. Mit dem Wechsel an die TH Rosenheim habe ich dann mit einem Partner, der ascendo in Vollzeit leitet, gegründet. Ich halte 26 Prozent der Anteile.
Was waren Ihre ersten Schritte?
Erst mal den ganzen Papierkram erledigen. Wir haben mehrere Tage daran gearbeitet, unser Geschäftsmodell zu konkretisieren und uns für eine virtuelle Organisation nur mit home office entschieden. So waren wir gut für die Pandemie gerüstet. Wir halten ca. 20 % der Umsätze im Unternehmen.
Was hat Ihnen geholfen?
Wir profitieren sehr stark von unseren Vorerfahrungen, in der Industrie, als Geschäftsführer und an der Hochschule. Gleichzeitig ergänzen wir uns komplementär. Durch den Zugriff auf Studierende mehrerer Hochschulen und externes professionelles Know-how können wir genauer als andere auf das jeweilige Kundenprojekt eingehen. Je nachdem, ob wir mehr Studenten, Freelancer, Festangestellte oder auch Professoren einsetzen, kann das Budget ebenso gesteuert werden wie das Qualitätsniveau. Und natürlich meine ebenso sichere wie flexible Position als Professor.
Was waren Ihre größten Herausforderungen?
Bis vor Corona hatten wir konstantes Wachstum, zuletzt zu dreißigst auf der Weihnachtsfeier. Dann standen wir bald wieder mit weniger als 10 Mitarbeitern da. Zum Glück mit geringen sonstigen Fixkosten. Auch mit Strategie und Vision herrscht Dynamik. Man muss sich situationselastisch verhalten, um die jeweiligen Ziele zu erreichen.
Was waren Ihre spannendsten Projekte?
Zwischen Hochschulen und Unternehmen haben wir sehr viele interessante Projekte. U.a. auch IT-Sicherheits- und ISO-Zertifizierungen. Unser IT-Sicherheit24-Portal, IT-Sicherheit als digitale Consulting-Leistung. Das aktuell herausforderndste Projekt ist ein Roboter für automatisierte Wach-Rundgänge. Als Alternative zu Wachpersonal. 20 Stunden am Tag einsetzbar, ohne Urlaubsanspruch, mit Kamera, diversen Sensoren wie Infrarot, Feuchtigkeit oder für Gas.
Was hebt Ihr Unternehmen ab?
Durch die Kenntnis von Hochschule UND Wirtschaft, liefern wir immer passende Lösungen. Bei Budget und Qualität können wir sehr fein justieren. Durch unser Netzwerk decken wir ein sehr breites fachliches Spektrum ab, egal ob Lehrveranstaltungs-, Koordinations- oder Forschungsprojekt. Oder auch professionelle Consulting- oder Entwicklungsprojekte. Gleichzeitig liefern wir spezifisch qualifizierte und durch die jeweiligen Projekte schon bekannte Nachwuchskräfte.
Wie finden Sie bei Ihren verschiedenen Engagements Balance?
Das funktioniert gut, weil ich mich mit meinem Gründungs-Partner wie bei der Kapitalstruktur auch bei der Rollenverteilung klar verständigt habe. Im Unternehmen habe ich keine formale Rolle, die Geschäftsführung übernimmt mein Partner. Und das funktioniert gut. So passt ein Tag pro Woche gut zu meinen unternehmerischen Aufgaben.
Welche Auswirkungen hat Ihre Praxistätigkeit auf Ihre Lehre?
Ich merke, dass es bei den Studierenden gut ankommt, wenn ich aus der Praxis erzähle. Hintergründe erkläre, statt Folien zu zeigen. So wie es wirklich gelaufen ist. Wie und warum es in der Projekt-Initialisierung laufen kann. Nicht jede Projektskizze führt kurzfristig zum Auftrag, mancher kommt zeitversetzt, spät oder gar nicht. Oder stark modifiziert.
Aus welchen Gründen arbeiten nicht mehr Professoren umfangreicher mit der Wirtschaft zusammen?
Professoren sind Professoren, jeder mit individuellem Werdegang. Erfolgreiche Manager bleiben auch an der Hochschule erfolgreiche Manager. Hochschulen für Angewandte Wissenschaften fordern Praxiskompetenz, wissenschaftliche Expertise und Lehrerfahrung. Wer aus der Wirtschaft kommt, hatte weniger mit Lehre und Forschung zu tun. Wer sich auf Lehre und Forschung konzentrierte, hat weniger Praxis. Würde mein kongenialer Partner nicht das Tagesgeschäftes abdecken, wäre meine Praxistätigkeit auch eine andere.
Was muss sich ändern, damit mehr Professoren diesen Schritt wagen?
Ein Kooperationsmodell von Professoren und unternehmerisch Erfahrenen erscheint mir sehr erfolgsträchtig. Man könnte spezielle Programme auflegen und Förderungen anbieten, um Professoren mit Praktikern vernetzen. Professoren konzentrieren sich auf das Recruiting und nutzen Ihre Reputation im Kontakt mit Unternehmen. Das Alltagsgeschäft übernimmt der Unternehmer.
Was wäre Ihre wichtigsten Tipps für Studierende, Promovierenden und jüngere Professoren, die mehr praktisch tätig werden wollen?
Studierenden sollten sich fragen: will ich in die Wissenschaft? Promotion oder PhD fordern viel. Publikations-Druck, Habilitation in vier statt sechs Jahren, von einer Postdoc-Stelle zur nächsten Postdoc-Stelle hangeln etc. Eine unternehmerische Tätigkeit kann auch eine Alternative sein. In jungen Jahren kann man einfach mal probieren, anpacken. Das erfordert einen langen Atem – wie viele Mitte 20-Jährige haben den? Denn Unternehmen haben meist länger Bestand, deren Gründer mehr Erfahrung haben. Vielen fällt es schwer, aus einem Angestelltenverhältnis in die unsichere Selbstständigkeit zu wechseln. Manche Studierende versuchen ein Projekt zu zweit oder zu dritt anzupacken: einer eher Unternehmer, einer eher Fachexperte etc.. Die Fakultät für Informatik an der TH Rosenheim hat im Schnitt pro Jahr eine GmbH-Ausgründung hervorgebracht. Das größte Unternehmen hat mittlerweile ca. 400 Mitarbeiter. Also bald 40 Firmenausgründungen, und es werden immer wieder mehr. Wir fördern vielfältig: von der Fakultät aus, durch das Gründungszentrum ROCkET der Hochschule und mit verschiedenen staatlichen Förderprogrammen.
Mein wichtigster Tipp für Studierende, um unternehmerisch tätig zu werden ist, einen guten Businessplan auszuarbeiten und sich dabei unterstützen zu lassen (z.B. durch Berater, Businessplan-Wettbewerbe oder ähnliches). Der Tipp für Professoren lautet sich einen Partner aus der Praxis zu holen, der entweder selber schon Geschäftsführungserfahrung hat oder schon lange selbständig tätig ist.
Welches Feedback bekommen Sie von Studierenden, wenn die erfahren, dass Sie unternehmerisch tätig sind?
Den Studierenden gefallen hohe Fachkompetenz und die vielen Praxis-Erfahrungen, von denen ich erzähle. Das ist Unternehmer-Praxis aus erster Hand.
© Stefan H. Poleck
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