... wurde 2015 als Professor für Systems Engineering an die Hochschule Landshut berufen. Januar 2020 gründet er, zunächst allein, die SEMP Consulting GmbH. Darüber hinaus ist er Studiengangsleiter für den Master Systems Engineering und Gründungsbotschafter der Fakultät für Informatik. Prof. Dr. Schröter wurde 2021 als Professor für Systems und Software Engineering an die Hochschule Landshut berufen. Seit April 2023 ist er geschäftsführender Gesellschafter der SEMP Consulting GmbH, darüber hinaus Studiengangsleiter und Mitglied der Prüfungskommission Systems Engineering.
Interview und Autor: Stefan H. Poleck
Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?
Prof. Dr. Dorfner: Als Professor einer Hochschule ist mir die Verzahnung von Theorie und Praxis sehr wichtig. Systems Engineering ist ein Praxisthema, das sich ständig weiterentwickelt. Um lebenslanges Lernen vorzuleben und selbst fortlaufend aktuellen Input zu bekommen ist eine eigene Tätigkeit in der Praxis essenziell. Letztlich hat es sich angeboten, mit ehemaligen Studierenden gemeinsam etwas zu starten. Prof. Dr. Schröter: Ich bin 2023 in die SEMP Consulting eingestiegen, hatte aber zuvor schon eine eigene GmbH gegründet. Das heißt, der Gedanke „Unternehmer und Professor“ zu sein, war von vornherein da. Praxiskontakt ist für eine gute Lehre mit Schwerpunkten hoher Dynamik von großer Bedeutung, um die Realität der Industrie wiederzugeben. Und frisch aus der Industrie ist das persönliche Netzwerk so lebendig, dass es der beste Moment ist, direkt einzusteigen und es weiter zu nutzen.
Was waren Ihre ersten Schritte?
Prof. Dr. Dorfner: Am Anfang stand die Frage: was bietet man an und mit wem mache ich das? Entsprechend habe ich mein Netzwerk aktiviert, um die ersten Projekte zu starten. So entstand zunächst das Leistungsportfolio im Bereich Qualifizierung, um im zweiten Schritt auch in den Bereich der Projektberatung vorzustoßen; Die dortigen Erfahrungen fließen direkt wieder in die Lehre zurück.
Was hat Ihnen geholfen?
Prof. Dr. Dorfner: Unser beider Netzwerk ist essenziell. Sowohl auf Kundenseite, als auch was unternehmensinterne Themen angeht. Von Markenanmeldung über Buchhaltung, Steuerthemen, Gesellschaftsform und Recht. Ebenso die Fähigkeiten, als Informatiker mit einfachen Mitteln günstig die Arbeitsfähigkeit herzustellen. Unerlässlich war auch das Vertrauen in die ersten Mitarbeitenden, insbesondere in turbulenten Zeiten wie Corona. Prof. Dr. Schröter: Professor und Geschäftsführer ist eine Doppelbelastung, die als Zweier-Team wesentlich leichter fällt. Im vorherigen Berufsleben hat man Erfahrungen gesammelt, die einem als Unternehmer helfen.
Was waren die größten Herausforderungen?
Prof. Dr. Schröter: Als Unternehmer muss man am Anfang sehr viel selber machen. Vom Aufsetzen der IT über die Personalführung bis zur Akquise. Manche Dinge kann man besser, manche nicht so gut. Prof. Dr. Dorfner: Die Firma wurde 2020 zwei Wochen vor dem ersten Corona-Lockdown gegründet. Die damit einhergehenden Unsicherheiten waren primär eine menschliche Herausforderung, um mit Zuversicht den geplanten Pfad weiterzuentwickeln. Wir haben dann aus der verordneten Situation mit Remote-Schulungen eine Stärke entwickelt. So entstand aus der Not sogar ein starkes Differenzierungs-Merkmal. Ansonsten sind Bürokratie und all die Erfordernisse, die mit so einer Gründung einhergehen ebenso nennenswerte Herausforderungen.
Was waren Ihre spannendsten Projekte?
Prof. Dr. Dorfner: Tatsächlich die Vielfältigkeit diverser Projekte in den Themenfeldern Systems Engineering und IT-Management mit Fokus auf die Automobilbranche und Kunden in der Luft- und Raumfahrt, im Anlagenbau, im IT-Cloudbereich und bei Sportvereinen wie dem FC Bayern München macht unser Handeln sehr spannend. Besonders interessant war eine Experteneinschätzung, bei der wir ein Reifegradmodell – ein Modeling and Simulation Spice Modell (M&S SPICE) - beurteilen sollten. Prof. Dr. Schröter: Ja, dort konnten wir viele Themen miteinander vernetzen. Aus dem Forschungsprojekt Virtual Vehicle hat sich eine Intacs-Arbeitsgruppe entwickelt, die nun an der Standardisierung zu Modellierung und Simulation arbeitet, in der wir mitwirken. So entstehen für uns neue Perspektiven in Richtung Verwertung. Bei einem Automobilhersteller als DAX-Unternehmen begleiten wir seit zwei Jahren die Reife der Entwicklungsprozesse mit Systems Engineering. Das treibt uns selbst inhaltlich voran. Gemeinsames Lernen im besten Sinne. Ein weiteres sehr spannendes Thema sind Rechenzentren, dort entwickeln wir Betriebskonzepte der Zukunft in Richtung digitaler Zwilling, auch mit KI.
Was hebt Ihr Unternehmen ab?
Prof. Dr. Dorfner: Als zwei Professoren bieten wir mit einem kleinen Team eine breite Vielfalt in hoher Qualität. Wir führen fachlich in den Projekten und sind ein Partner auf Augenhöhe, der die Menschen befähigt, Prozesse selber umzusetzen. Als Coach mit Empathie begleiten wir Menschen hin zu ihrer zukünftigen Arbeitsweise. Wir verbinden Strategie mit der individuellen Umsetzung.
Wie finden Sie Balance zwischen Hochschule und Unternehmen?
Prof. Dr. Schröter: Partnerschaft ist sehr wichtig, damit man die Aufgaben sinnvoll verteilen kann, da jeder von uns mehrere To-Do-Listen hat. Die Hochschule ist die Hauptaufgabe, die als Fixpunkt bei der Organisation hilft. Es braucht einen sehr hohen Grad an Eigenoptimierung, Zeitmanagement und Effizienz. Dank IT sind die verschiedenen Kalender in einem Gerät. Der familiäre Rückhalt ist ebenso wichtig, um alles in Balance halten zu können.
Welche Auswirkungen hatte Ihre Praxistätigkeit auf Ihre Lehre?
Prof. Dr. Dorfner: Wir können aus Industrie-Projekten berichten und so die Theorie durch Praxis-Beispiele aus verschiedenen Branchen ergänzen. Praxis-Kontakte bereichern durch Gastvorträge wie z.B. von Google oder Audi oder bei der Suche nach geeigneten Projektarbeiten, die von Studierenden mit Unternehmen bearbeitet werden dürfen. Ein echter Auftraggeber verpflichtet zu einer verwertbaren Lösung. Bei uns werden außerdem sehr viele Masterarbeiten mit Unternehmen geschrieben. Prof. Dr. Schröter: Ich glaube, es ist auch ein persönliches Thema. Transfer in beide Richtungen, Praxis und Hochschule, bedeutet aktive Kommunikation, die man mag – oder nicht ...
Was muss sich ändern, damit mehr ProfessorInnen diesen Schritt wagen?
Prof. Dr. Dorfner: Wenn der Beruf des Hochschulprofessors und die Kombinationsmöglichkeiten bekannter wären, gäbe es mehr Bewerber mit mehr Industrie-Praxis. Rein finanziell ist eine Professur nicht zwingend ein Fortschritt. Die Flexibilität und die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten sollten allerdings breiter kommuniziert werden. Auch die neuen Gründungsfreisemester gem. Bayerischen Hochschulinnovationsgesetz könnte man noch wesentlich bekannter machen.
Was wären Ihre wichtigsten Tipps für Studierende, Promovierende und ProfessorInnen, die an der Schnittstelle zwischen Hochschule und Wirtschaft unternehmerisch tätig werden wollen?
Prof. Dr. Dorfner: Wir leben in einer Wissensgesellschaft. Jeder sollte sich bewusst sein, dass man mit seinem Wissen im passenden Markt einen Mehrwert erzeugen kann. Zweitens sollte man nicht alleine gründen. Einen Sparringspartner für konstruktives Feedback zu haben ist wichtig, insbesondere, wenn es mal schwieriger ist. Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist gemeinsam einfach höher. Drittens keine Ausgaben für Markenanmeldung, Rechts- und Steuerberatung am Anfang scheuen. Es später nachzuziehen kann teuer werden, weil vieles, was nicht teil der eigentlichen Leistungserbringung ist, einem massiv auf die Füße fallen kann. Viertens sollten man das Leistungsportfolio fortlaufend an die Aufgaben der Kunden anpassen. Prof. Dr. Schröter: Der wichtigste Punkt ist „sich zu trauen“. Man sollte sich frühzeitig darüber Gedanken machen, wie man später arbeiten möchte. Gibt es Möglichkeiten, zu gründen und meine Arbeit umfassender selbst zu gestalten? Je früher man sich damit beschäftigt, umso eher kann der passende Entwicklungspfad eingeschlagen werden. Ebenso minimiert man das Risiko einer unbefriedigenden Tätigkeit nachgehen zu müssen, da der demografische Wandel im Falle des Scheiterns mit dieser Erfahrung sogar noch bessere Chancen bietet.
Welches Feedback bekommen Sie von Studierenden, wenn die erfahren, dass Sie unternehmerisch tätig sind?
Prof. Dr. Schröter: Rein quantitativ relativ wenig. Ich habe das Gefühl, dass die Studierenden über ihre Info-Kanäle zu wenig Einblick haben und noch nicht im „Business Social Media“ unterwegs sind. Ich erzähle das in meinen Vorlesungen höchstens indirekt. Wenn, dann wird es mit großem Respekt bemerkt. Prof. Dr. Dorfner: Das kann ich für den Abschnitt vor meiner Zeit als Gründerbotschafter bestätigen, weil ich es auch nicht offensiv kommuniziert habe. Durch die neue Rolle des Botschafters schauen die Leute genauer hin, wer das ist. Es hilft der Glaubwürdigkeit. Sie kommen vom Namen zum Unternehmen. Und dann werde ich interessiert darauf angesprochen. Teilweise wird auch nach einem Job nach dem Studium gefragt.
© Stefan H. Poleck
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