... wurde Juni 2023 als Forschungs-Professor für Semantic Data Processing and Cognitive Computing an das Center for AI der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt berufen. Im Februar 2024 beteiligte es sich an der Gründung von Pleias, einem start-up mit open source Sprachmodell. Das Unternehmen ist auf hoch regulierte Branchen spezialisiert. Prof. Dr. Yamshchikov tritt für nachhaltig mehr Kommunikation und Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft ein.
Interview und Autor: Stefan H. Poleck
Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?
Es ist nicht das erste Projekt, das ich gegründet habe. Pleias begann mit Pierre-Karl Anglais und Anastasia Stasenko. Beide haben sehr viel Erfahrung mit dem open data u.a. mit großen öffentlichen Datensätzen des französischen öffentlichen Dienstes. So kam die Idee, ein Unternehmen zu gründen. Wir sind alle gut befreundet und Anastasia fragte mich wegen meiner Erfahrung mit B2B-Märkten, ob ich wissenschaftlicher Berater sein möchte. Weil wir für open source Sprachmodelle großes Potential sehen, haben wir gemeinsam gegründet.
Was waren Ihre ersten Schritte?
Wir entwickeln unser Team, derzeit sitzen viele Mitarbeiter in Paris. Einer meiner Studenten absolviert von Würzburg aus dort sein virtuelles Praktikum. Derzeit arbeiten wir hier intensiv an F&E-Fragen und kommunizieren viel mit Paris. Darüber hinaus haben wir weitere Praktikanten aus verschiedenen Ländern. Open source Ökosysteme sind sehr international. Parallel verhandeln wir mit einigen europäischen Investoren.
Was hat Ihnen geholfen?
Die Kombination meiner Industrie-Erfahrungen mit Dokumenten-Auswertung und meinem Hauptforschungs-Thema generative Sprachmodelle seit 2016. Ebenso der aktuelle Hype um openAI, seit ChatGPT gut auf dem PC nutzbar ist. Das hat uns viel Überzeugungsarbeit erspart. Vorher waren LLMs ein Thema für Insider. Und die Erkenntnis, als Start-up systematisch aus Fehlern zu lernen, um zum richtigen Zeitpunkt, im passenden Markt die beste Lösung zu bieten.
Was waren bisher Ihre größten Herausforderungen?
Derzeit fokussieren wir uns auf unsere Pilot-Kunden. Neue Prozesse müssen schnell gute Ergebnisse bringen. Dokumentenverarbeitung für hoch regulierte Branchen sind ebenso vielschichtig wie anspruchsvoll, weil auch bei hoher Bearbeitungsgeschwindigkeit alle Vorschriften zuverlässig einzuhalten sind.
Weitere Herausforderungen, mit denen Sie aktuell konfrontiert sind?
Die Suche nach passenden Investoren. Wir sprechen mit vielen verschiedenen Menschen und erleben eine große Bandbreite von Perspektiven und Fragen. Wir setzen strategisch auf das europäische Ökosystem, doch der europäische VC-Markt ist weit weniger risikofreudig als der in den USA. Ich kenne die Gründe für dieses Verhalten nicht, aber ich glaube, dass dies einer der Faktoren ist, die das Wachstum der Innovationswirtschaft in der EU erheblich verlangsamen.
Was treibt Ihr Unternehmen derzeit am meisten an?
Viele Politiker und Investoren in der EU haben erkannt, dass wir im Wettbewerb an die USA verlieren. Wollen wir die Fehler der Softwarebranche, nur wenige erfolgreiche europäische Software-Unternehmen, wiederholen? Wir können Art und Weise, wie wir die Welt entwickeln, ändern. Peter Thiel (Anmerkung d. Autors: Mit-Gründer von PayPal und deutsch-US-amerikanischer Milliardär) hält Amerikaner für optimistischer als Europäer. Es ist eine Herausforderung, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Gleichzeitig hat Europa eine große und vielfältige Wirtschaft. Alle großen Akteure haben verstanden, dass sie IT intensiv nutzen müssen. Und manche sind bereits fast vollständig digital.
Was hebt Ihr Unternehmen ab?
Wir arbeiten an einem open source Sprachmodell: transparent, flexibel und kosteneffizient. Wir sind auf hoch-regulierte Branchen spezialisiert (Anmerkung d. Autors: Public Service, Finanzen, Luft- & Raumfahrt, Pharma). Deshalb ist es wichtig, dass Inhalte nicht urheberrechtlich geschützt sind und so weiter. Es gibt noch andere Wettbewerbsaspekte, die wir für unsere Anwendungsfälle entwickeln, aber darüber kann ich leider jetzt nicht viel sagen. Aber wir entwickeln spezifische Technologien, die für den Finanzsektor oder für Fragen der Lieferketten geeignet sind.
Wie finden Sie Balance zwischen Hochschule und Unternehmen?
Ich habe auch eine Tochter, die sechs Monate alt ist. Gleichgewicht zu finden ist wie Fahrradfahren. Wenn man in Bewegung ist, ist es relativ einfach. Wenn alle Prozesse laufen, gibt es ein intuitives Gefühl. Nur das Anfahren ist schwierig. Das Gute war, dass die Aufgaben nacheinander begonnen haben: Hochschule, Gründung & die Geburt unserer Tochter. Um im Bild des Fahrrades zu bleiben: Gepäckträger, Packtaschen und jetzt noch ein Kindersitz dazu.
Welche Auswirkungen hatte Ihre Praxistätigkeit auf Ihre Lehre?
Praxis ist die Voraussetzung, um den Studierenden zu erklären, wie man ein guter Professor wird. Wir vermitteln unsere Erfahrungen an junge Talente, damit sie in die Praxis gehen und Werte schaffen. Berufserfahrung ist der wichtigste Aspekt. Es ist sehr schwierig, jemanden auf einen Job vorzubereiten, wenn der Lehrende nie außerhalb der Wissenschaft tätig war. Ich bringe nicht nur Praxis-Beispiele ein, sondern vernetze meine Studenten auch mit meinen früheren Kollegen, wenn sie spezifische Fragen haben. Je näher die Industrie an der Ausbildung ist, desto besser für die jungen Leute, denn dann finden sie leichterden passenden Job, der auch Chancen für die weitere berufliche Entwicklung bietet. Je näher an der eigenen Leidenschaft der Job, um so näher kommt man seiner echten Berufung.
Aus welchen Gründen arbeiten nicht mehr Professoren umfangreicher mit der Wirtschaft zusammen?
Es ist eine persönliche Bewertung, für wie wichtig man Zusammenarbeit mit der Wirtschaft hält. Wir haben die Freiheit von Wissenschaft und Lehre, und das ist von größter Bedeutung. Manche finden es wichtig, andere eher nicht. Deshalb konzentrieren sich die einen lieber auf die Herausforderungen selbst, die anderen auf Lösungen für die Praxis. An der THWS sehen wir die Verbindung zur Industrie generell als sehr wichtig an. Gleichzeitig könnten andere Schulen und Universitäten eine andere Meinung haben. Nur die Zeit wird zeigen, wer der Gesellschaft mehr Nutzen bringt. Es ist einfach wichtig, dass es verschiedene Optionen für die Studierenden gibt, damit die nächste Generation selbst entscheiden kann, welchen Weg sie als vielversprechender ansieht.
Was muss sich ändern, damit mehr Professoren diesen Schritt wagen?
Wir fördern an der CAIRO und der THWS eine Kultur des Unternehmertums, doch letztendlich ist Unternehmertum eine persönliche Entscheidung. Ein Gründer zu sein bedeutet per Definition, diese zusätzliche Motivation zu haben, die extra Meile zu gehen. Meiner Meinung nach können Schulen einfach und effektiv dazu beitragen, indem sie mehr Professoren einstellen, die diese Motivation mitbringen
Was wären Ihre wichtigsten Tipps für Studenten, Doktoranden oder auch jüngere Professoren, die mehr praktisch tätig werden wollen?
Bewerben Sie sich nur auf die Stellen, die sie wirklich haben wollen. Erstellen Sie einen Lebenslauf, der Sie authentisch beschreibt. Das ist das Wichtigste. Die zweite Sache ist, Anderen zuzuhören, was nicht immer leichtfällt. Drittens braucht man Beständigkeit, um etwas wirklich Besonderes zu erreichen. Ohne große Herausforderungen wir man nie Hervorragendes leisten. Das Gefühl, dass etwas schwierig ist, zeigt, dass man auf dem richtigen Weg ist.
Welches Feedback bekommen Sie von Studierenden, wenn die erfahren, dass Sie auch unternehmerisch tätig sind?
Einige Studenten schreiben, dass sie es nützlich finden, dass wir industriellen Beispiele bearbeiten. Viele wissen aber kaum, was es bedeutet, etwas zu gründen und nicht jeder will Gründer werden. Aber alle lernen etwas aus der Wirtschafts-Welt.
© Stefan H. Poleck
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