... wurde September 2022 als Professorin für künstliche Intelligenz an die Hochschule Landshut berufen. Januar 2024 beteiligte sie sich an der Gründung der Gradial Data GmbH. Darüber hinaus ist sie Frauenbeauftragte der Fakultät für Informatik. Prof. Dr. Sandra Eisenreich engagiert sich insbesondere für den Einsatz von künstlicher Intelligenz in mittleren Betrieben.
Autor: Stefan H. Poleck
Wie ist es zur Gründung Ihres ersten Unternehmens gekommen?
Wir sehen enormes Potential in industriellen Anwendungen von künstlicher Intelligenz. Schon heute sind die Schritte in der Industrie vom Status Quo zum Heben der vollen Möglichkeiten nicht einfach. Gleichzeitig entwickelt sich das Feld rasend schnell weiter. Es steht ein Wandel an, der sich in alle Arbeitsbereiche erstreckt, aber den wir schaffen müssen. Aus meiner Position vor der Professur heraus hatte ich das Bedürfnis, hier weiter meinen Beitrag zu leisten und das Thema KI in die Breite zu tragen und damit greifbaren Mehrwert in der Industrie und auch in der Bildung zu schaffen. Daher haben wir Gradial Data gegründet.
Was waren Ihre ersten Schritte?
Einen Fuß vor den anderen zu setzen. Mit Menschen reden und zuhören, was gebraucht wird. Obwohl die Technologie eine Schlüsselrolle einnimmt, ist sie kein Selbstzweck. Der Nutzen steht im Zentrum.
Was hat Ihnen geholfen?
Natürlich meine großartigen Mitgründer – es passiert selten, dass Personen mit genau den richtigen Interessen und Charakteren und Fähigkeiten aufeinandertreffen. Kennen Sie das Gefühl, dass einfach alles passt und die Zahnrädchen mühelos ineinandergreifen? Das Glück hatte ich.
Was waren Ihre größten Herausforderungen?
Für uns besteht die Herausforderung darin, zwischen Hype und realen Anwendungen zu unterscheiden und die Lösungen zu entwickeln, die tatsächlichen Mehrwert bieten.
Was waren Ihre spannendsten Projekte?
Generative KI ist ja in aller Munde, und das Potential Effizienzen zu heben ist hier wirklich enorm. In verschiedenen Projekten erschließen wir mit Sprachmodellen firmeninternes Wissen und auch sensitive Daten auf die intuitivste Art und Weise. Wer hat nicht schon mal die Redewendung gehört: “Wenn xyz wüsste, was xyz weiß…” Es gibt so viele Daten, Expertenwissen, Dokumente, die auf irgendwelchen Laufwerken verstauben. So wird das Rad in Unternehmen oft neu erfunden, beispielsweise wenn Personen das Unternehmen verlassen oder ihre Position wechseln. Ich finde es sehr schön zu sehen, welchen Effekt es hat, all dieses Wissen mittels KI so einfach zugänglich zu machen. Hier gibt es keine one-size-fits-all Lösung. Je nach Art der Daten und des Anwendungsfalls gibt es sehr viele Stellhebel, um individuell die Qualität zu verbessern. Das macht solche Projekte immer spannend.
Was hebt Ihr Unternehmen ab?
Das Alleinstellungsmerkmal von Gradial Data liegt im bedingungslosen Fokus auf dem Kundennutzen und der Nutzung von Daten, anstatt Standard-Plattformlösungen anzubieten. Wir verstehen, dass der kommerzielle Nutzen von künstlicher Intelligenz von greifbaren, einfach anwendbaren Ergebnissen abhängt, statt von bloßer Anforderungserfüllung auf dem Papier. Künstliche Intelligenz ist eine fantastische Technologie, die große Möglichkeiten bietet; aber um das Potenzial zu realisieren reicht es nicht die Technologie zu verstehen. Auch die fachliche Seite des Anwendungsfalls ist essenziell. Manchmal stellen wir hierbei auch fest, dass KI an dieser Stelle nicht das richtige Werkzeug ist - und das kommunizieren wir auch.
Wie finden Sie Balance zwischen Hochschule und Unternehmen?
Das Eine bereichert das Andere, insofern würde ich eher Symbiose als von Balance sprechen - oder im Moment fast sogar von einer Notwendigkeit. Die rasante Entwicklung im Bereich KI und den Industrieanwendungen sowie deren Regulatorik erfordern, dass man gleichzeitig am Puls der Forschung und sehr nah an der Umsetzung bleibt. Ich sehe es als eine wichtige Aufgabe einer Hochschul-Professur, die aktuellste Forschung in die Industrie zu tragen und umgekehrt die Praxis in den Hörsaal zu bringen. Aus der Praxis gewinnt man einen ganz anderen Erfahrungsschatz als aus der Theorie oder dem Labor. Und es ist doch gerade der Anspruch von Hochschulen, die Studierenden bestmöglich auf die Praxis vorzubereiten – das haben wir uns im Studiengang “Künstliche Intelligenz” an der Hochschule Landshut auf die Fahne geschrieben. In einem so schnelllebigen Feld bedingt das, selbst aktiv zu sein.
Welche Auswirkungen hat Ihre Praxistätigkeit auf Ihre Lehre?
Praxistätigkeit bereichert die Lehre. An der Hochschule ist die Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft idealerweise gelebte Realität. Man kann Erfahrungen aus der Praxis weitergeben, Kooperationen zwischen Hochschule und der Industrie ins Leben rufen und Kontakte aus der Wirtschaft für Gastvorträge gewinnen. Lehre, die mit Erfahrungen der Praxis angereichert wird, kommt viel besser an.
Aus welchen Gründen arbeiten nicht mehr ProfessorInnen umfangreicher mit der Wirtschaft zusammen?
Die meisten meiner Kollegen und Kolleginnen hier an der HAW Landshut kollaborieren regelmäßig mit der Wirtschaft, in Form von Abschlussarbeiten, Studien-, oder Forschungsprojekten, sowie in beratender Funktion oder mit einem eigenen Unternehmen. Inwiefern eine umfangreichere Kooperation mit der Wirtschaft möglich ist, hängt in meinen Augen jedoch stark davon ab, wie viel Flexibilität Professorinnen und Professoren in ihrem Zeitmanagement zugestanden wird sowie vom Grad der Unterstützung von Seiten der Verwaltung und Hochschulleitung. Natürlich muss die Qualität der Lehre immer sichergestellt sein. Bürokratie frisst zu viel Zeit.
Was muss sich ändern, damit mehr diesen Schritt wagen?
Aus meiner Sicht müsste die unternehmerische Tätigkeit von ProfessorInnen stärker gefördert und explizit unterstützt werden, gerade an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften – der Name sollte noch mehr Programm sein! Zum einen durch den Abbau von Bürokratie, zum anderen durch die aktive Unterstützung und Kommunikation der Vereinbarkeit beider Rollen. Beispielsweise durch noch bessere Förderung, die noch umfassender bei der Unternehmensgründung unterstützt.
Was wäre Ihre wichtigsten Tipps für Studierende, Promovierenden und (jüngere) Professoren, die mehr praktisch tätig werden wollen?
Einfach machen! Ich weiß nicht ob es da ein ausgeklügeltes Rezept oder eine Anleitung gibt – doch der Erfahrungsschatz von Professoren beziehungsweise Kollegen ist eine große Hilfe, die man auf jeden Fall in Anspruch nehmen sollte.
Welches Feedback erhalten Sie von Studierenden, wenn die erfahren, dass Sie auch unternehmerisch tätig sind?
Durchwegs Positive. Viele unserer Studenten arbeiten nebenbei und haben praktische Fragen - so kommt man ins Gespräch und wird nach Erfahrungen gefragt.
Können auch mittelständische oder kleine Unternehmen von künstlicher Intelligenz profitieren?
Künstlicher Intelligenz kann Arbeitsprozesse aller Art automatisieren: sei es das Auslesen von Rechnungen, die Vorhersage der Nachfrage oder betriebswirtschaftlicher Steuergrößen für eine präzisere Budgetplanung, Fehlererkennung und -vermeidung bei Maschinen, Qualitätssicherung oder im Kundenservice. Mit Hilfe von internen Expertensystemen kann das Firmen-Wissen verfügbar gemacht werden, was viel Kommunikationsaufwand erspart; auch die Erstellung oder Verarbeitung von Textdokumenten, egal wie firmenspezifisch, kann automatisiert werden. KI ist zwar eine cutting edge Technologie, aber es gibt auch für kleine Unternehmen viele Möglichkeiten, schnell und einfach Prozesse zu optimieren. Hier sehe ich enormes Potential, aber auch eine große Herausforderung: Unternehmen für die Zukunft fit zu machen. Gradial Data unterstützt bei dieser Transformation.
© Stefan H. Poleck
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