... gründete 2018 die wellabe GmbH, betriebliches Gesundheitsmanagement durch Check-ups am Arbeitsplatz in unter 20 Minuten. 2023 wurde er Professor for Entrepreneurship an der Fakultät für Informatik, HS München. Im Rahmen seiner Innovations-Professur der Hightech Agenda Bayern berät er parallel am Strascheg Center for Entrepreneurship der HS München IT und Health start-ups.
Interview und Autor: Stefan H. Poleck
Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?
Zunächst hatte ich mit einem EXIST-Stipendium aus der TU München ausgegründet. Leider wollte der Markt unsere wunderbare Software (noch) nicht. So zerfiel das Gründerteam teilweise. Ich wollte es unbedingt noch einmal versuchen. Nach vielen Pitsches im Münchner Ecosystem habe ich dann die Förderung durch Allianz X, deren firmeneigenen Inkubator, erhalten. Dieser wurde jedoch nach einiger Zeit in einen Investment Fond umgewandelt und hat keine Startups mehr gefördert. Gemeinsam haben wir, mein Mitgründer Michael Theodossiou und ich, beschlossen, mit dem damaligen Prototypen eine GmbH zu gründen.
Was waren Ihre ersten Schritte?
Zunächst mussten wir Geld organisieren, denn im Inkubator hatte wir schon gute Leute eingestellt, die wir übernehmen wollten. Also haben wir die Kosten auf ein Minimum gesenkt und sehr intensiv an der Gewinnung neuer Kunden gearbeitet. Das Produkt war noch minimalistisch, funktionierte aber. Unser MedTech-Kiosk konnte in 15 Minuten vor Ort alle wichtigen Körperwerte erheben, damit der Nutzer danach telemedizinisch mit dem Arzt den individuellen Gesundheitszustand zu besprechen. Das kam gut an.
Was hat Ihnen geholfen?
Die Allianz und eine Sparkasse waren schon Kunden, die wir zu Zeiten des Inkubators gewonnen hatten. Wir hatten also schon einen Zahler. Das war bei der Gewinnung von Investoren sehr wichtig. Dank eines sehr guten Teams aus Generalisten konnten wir parallel extrem viel bewältigen: neue Kunden, neue Investoren und das Produkt weiterentwickeln. Die Lernkurve war steil. Ich hatte klassisch Informatik studiert und musste jetzt Pitch Decks schreiben. Unternehmer muss man eben werden. Zum Glück hatten wir viel aus den Fehlern des erste Gründungsversuchs gelernt, insbesondere den starken Kundenfokus. Wertvolle Praxis-Erfahrung als Ergänzung zu dem, was man in der entrepreneurship education lernt.
Was war Ihre grösste Herausforderungen?
Corona. Wir hatten die erste Finanzierungs-Runde abgeschlossen, aber unser On-Site-Service für Firmen braucht Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Ohne Mitarbeiter vor Ort kein Umsatz. Für die Folgefinanzierung am Horizont ungünstige Bedingungen. Also haben wir die Kosten stark reduziert und mit einem Partner eine App für Covid-Testing entwickelt. So konnten wir dank Entwicklungs- und Health-Wissen die Nachfrage-Lücke überbrücken.
Was waren Ihre spannendsten Projekte?
Ein innovatives Medizinprodukt in Großunternehmen hineinzubringen. Sehr viel Arbeit, sehr spannend und fast ein Wunder. Durch die ganzen Abteilungen zu laufen, von HR über Datenschutz bis zum Betriebsarzt. Bis alle überzeugt waren, einen innovativen medizinischen Service von einem kleinen Startup an Mitarbeitende heranzulassen. Ausgehend von der ersten Referenz wurde es von Kunden zu Kunden immer etwas leichter. Beim ersten Kunden lernt man am meisten und weil die Allianz anspruchsvoll war, haben wir besonders viel gelernt.
Was hebt ihr Unternehmen ab?
Wir bieten ein innovatives Medizinprodukt, einen Präventions-Service, den wir direkt an Mitarbeitenden am Arbeitsplatz bringen. Keine Zugangs-Hürden, ohne erhobenen Zeigefinger, leicht verständlich und sehr transparent. Wir messen und beschreiben den aktuellen Gesundheitszustand und zeigen dem Nutzer Handlungsoptionen auf. Nutzer-Orientierung, Mehrwert und Freiwilligkeit führen zu einer sehr hohen Akzeptanz.
Wie kam es 2023 zur Idee, an die Hochschule zu wechseln?
Als Gründer hatte ich für unsere ersten zwei Kinder relativ wenig Zeit. Meine Frau hat dann gesagt: die Elternzeit für unser drittes Kind ist dann für Dich. Das war mein erster Abnabelungsprozess vom Unternehmen. Ein spannender Prozess, weil man am Anfang als Gründer ja unersetzlich war. Ich hatte aber schon immer die Perspektive, nicht immer für dieses Unternehmen Vollzeit zu arbeiten. Ich bin nicht nur Unternehmer, sondern auch Vater. Das war eine sehr gute Entscheidung. Ebenso hatte ich schon länger mit dem Gedanken einer weiteren Gründung oder einer Rolle an der Hochschule gespielt. Und dann kam die seltene Gelegenheit als Innovations-Professor parallel für die Hochschule München und am Strascheg Center for Entrepreneurship zu wirken.
Wie teilt sich Ihre Tätigkeit auf Informatik-Fakultät und Entrepreneurship-Center auf?
Ungefähr 50-50. Ich versuche, möglichst große Synergie-Effekte zu erzeugen. Daher halte ich auch sehr Entrepreneurship-nahe Veranstaltungen an der Informatik-Fakultät.
Gibt es ein Entwicklungs-Konzept für gründungsinteressierte Studierende/ UnternehmerInnen von morgen?
Ja, zum Beispiel aus meiner Vorlesung Digital Entrepreneurship heraus. Dort setzen studentische Teams eigene Idee um und bauen digitale Prototypen. Wir bieten für die 25 bis 30 Prozent Entrepreneurship-Interessierten einen Entwicklungspfad vom Prototypen über die Bachelorarbeit in den Inkubator oder führen an Exist heran. So kann Studium und Gründungs-Vorbereitung synergetisch kombiniert werden. Nach dem Abschluss ist dann eine sehr gute vorbereitete Gründung möglich.
Wie finden Sie Balance zwischen Hochschule und Unternehmen?
Da ist ein ständiger Abwägungsprozess. Ich bin primär an der Hochschule tätig. Aber eine Firma, die man gegründet hat, lässt einen nie ganz los. Ich bin aber kein fester Mitarbeiter mehr, sondern arbeite nur noch an Projekten mit, wo ich einen Mehrwert bringe. So kann ich die Balance fortlaufend neu austarieren. Das funktioniert, wenn die Firma, größer geworden ist und man der Geschäftsführung voll vertrauen kann. Mein Mitgründer ist Geschäftsführer und wir haben zusätzlich eine weitere Geschäftsführerin.
Aus welchen Gründen arbeiten nicht mehr ProfessorInnen umfangreicher mit der Wirtschaft zusammen?
Der Transfer rückt Schritt für Schritt mehr in den Fokus. Aktuell gibt es aber noch zu wenige gut definierte role models. Etablierte Firmen machen sehr viel mit Professoren, aber bei Mittelstand und Startups gibt es noch sehr viel Potenzial. Es gibt möglicherweise noch Unklarheit, wie man mit diesen zusammenarbeiten kann, um erfolgreich innovative Lösungen an den Markt zu bringen. Wir haben die Möglichkeit zu forschen. Deshalb versuchen wir, die weiter entwickelten Startups näher an die Fakultät heranzuholen, um gemeinsam zu forschen. Alle lernen voneinander – diese win-win-win Situation (einschließlich Studierenden) könnte noch weit mehr ausgebaut werden.
Was müsste sich ändern, damit mehr ProfessorInnen da aktiver werden?
Die Hochschule kann wichtige Signale senden. Was erwünscht ist, welche Kooperationsmöglichkeiten es gibt, welche Firmen für die Fakultät besonders interessant sind. ProfessorInnen können einiges zu Weiterentwicklung von Firmen beitragen und die wiederum können Lehre inhaltlich wie mit neuen Formaten bereichern. Wir versuchen unsere Münchner Startups enger an uns zu binden, und besseren Kontakt mit Studierenden herzustellen, auch bezüglich Abschlussarbeiten. Bezüglich Synergie zwischen Tech-Unternehmen, Entrepreneurship-Centern und IT-Fakultäten können wir noch viel von den USA lernen.
Was wären Ihre wichtigsten Tipps für Studierende, Promovierende oder ProfessorInnen, die mehr unternehmerisch aktiv werden wollen?
Haltet die Augen offen, es gibt so viele Angebote. Am Strascheg Center for Entrepreneurship, dem Precelerator unserer Hochschule oder auch andere innovative Formate. Ihr könnt schon während ihr Informatik studiert, viel mitnehmen, um Richtung Unternehmertum zu kommen. Einfach eine Gründung wagen. Erfahren, wie viel Zeit man verschwenden kann, wenn man eine perfekte Software baut, die am Markt vorbeigeht. Solche Erfahrungen sind für die Denkweise des Lean Startups unschätzbar wertvoll. Für die KollegInnen: geht im Freisemester in innovative Startups. Da kommt man extrem spannenden Themen sehr nah.
Welches Feedback bekommen Sie von Studierenden, wenn die erfahren, dass sie auch unternehmerisch tätig sind?
Für die Studierenden ist es positiv, zu sehen, dass man da draußen etwas Innovatives macht und die Erfahrungen in den Hörsaal mitbringt. Ein großer Teil meiner Lehrveranstaltungen besteht aus aktueller Praxis.
© Stefan H. Poleck
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