Prof. Dr. Niklas Klein

... gründete 2017 gemeinsam mit einem Arbeits-Kollegen die ZENNER IoT Solutions GmbH für innovative IoT-Technologie mit LoRaWAN. 2022 folgt er seiner Leidenschaft für Lehre und wurde zum Professor für Softwareentwicklung und Web-Engineering an die Hochschule Flensburg berufen. Seine Kombination aus Unternehmertum und Professur fördert einen spezifischen Einblick in die sich mit hohem Tempo entwickelnde Informatik, von dem Lehre, Studierende wie Kunden gleichermaßen profitieren.

Autor: Stefan H. Poleck

Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?

Im Jahr 2016 habe ich bei meinem damaligen Arbeitgeber die aufstrebende IoT-Technologie LoRaWAN kennengelernt. Zu diesem Zeitpunkt steckte sie noch in den Kinderschuhen, aber ich erkannte schnell das Potenzial, das diese Technologie bieten könnte. Da ich die notwendigen technischen Fähigkeiten mitbrachte, habe ich meinem Arbeitgeber geholfen, diese Technologie zu erkunden. Allerdings änderte sich der Fokus des Unternehmens, was mich dazu veranlasste, 2017 gemeinsam mit einem Kollegen eine eigene Firma zu gründen, um das Potenzial von LoRaWAN voll auszuschöpfen. Kurz nach der Gründung trat die Firma Zenner als Investor in unser Unternehmen ein.

Was waren Ihre ersten Schritte?

Zur Unternehmensgründung haben wir unser gesamtes Entwicklerteam mitgenommen, sodass wir mit elft Angestellten gestartet sind. Das bedeutete natürlich, dass wir auch von Anfang an die Finanzierung sicherstellen mussten. Allerdings konnten wir sehr schnell erste Kunden gewinnen, was uns sehr geholfen hat. Was mich jedoch überrascht hat, waren die vielen bürokratischen Hürden. Ich erinnere mich an eine Situation in Hamburg, bei der ich zwischen Gerichten hin- und herlaufen musste, um eine dringende Zahlung zu leisten, da sich die Gerichtskasse an einem anderen Standort befand – obwohl ich den zuständigen Sachbearbeiter vorher telefonisch über mein Kommen und den dringenden Anlass informiert hatte, hatte dieser mir das nicht vorab mitgeteilt. Wäre diese Zahlung nicht geleistet worden, hätten wir eigentlich gleich wieder aufhören können.

Was hat Ihnen geholfen? 

Am meisten geholfen hat sicherlich, dass wir zu zweit waren. Ich glaube, allein wäre ich deutlich weniger risikofreudig gewesen. Es ist auch so, dass man manchmal denkt, der jeweils andere hat die Dinge im Griff, was eine gewisse Sicherheit gibt. Außerdem hatte ich schon immer den Wunsch, unternehmerisch tätig zu werden. Mein Großvater war selbst Unternehmer, und ich habe mir immer eingebildet, dass ich vielleicht ein bisschen von diesem Unternehmergeist "in den Genen" habe.

Was waren Ihre größten Herausforderungen?

Eine der größten Herausforderungen, abgesehen von den anfänglichen bürokratischen Hürden, war sicherlich, dass wir unsere ersten Kunden bereits hatten, bevor die Software überhaupt entwickelt war. Das bedeutete, dass wir innerhalb von nur drei Monaten eine funktionsfähige Version fertigstellen mussten. Zusätzlich hatten wir für eine zentrale Komponente auf einen Partner gesetzt, doch stellte sich heraus, dass die Kompatibilität nicht wie erwartet gegeben war. In einigen Nachtschichten habe ich dann diese Komponente selbst entwickelt. Zum Glück hatten wir ein fantastisches und eingespieltes Entwicklerteam, das in dieser intensiven Phase extrem gut zusammengearbeitet hat.

Was waren Ihre spannendsten Projekte?

Es gab eigentlich nie das eine spannende Projekt. Wir entwickeln kontinuierlich unser Kern-Softwareprodukt, unsere IoT-Plattform ELEMENT, weiter. Parallel zur aufregenden Entwicklung der LoRaWAN-Technologie haben wir unsere Plattform stetig ausgebaut. Das war eigentlich immer spannend. Heute wird mit unserem LoRaWAN-Netzwerkserver das weltweit größte LoRaWAN-Netzwerk betrieben, mit über 6 Millionen Geräten. Wenn ich durch Deutschland reise, komme ich regelmäßig durch Städte, in denen Kunden unsere Software nutzen, um ihre LoRaWAN-Netze zu betreiben - das ist schon ein schönes Gefühl.

Was hebt Ihr Unternehmen ab?

Das mag abgedroschen klingen, aber in erster Linie sind es die Menschen, die unser Unternehmen auszeichnen. Wir haben ein sehr talentiertes und engagiertes Team. Besonders wichtig ist uns, den direkten Kontakt zu unseren Kunden zu halten. Diese schätzen es sehr, dass sie ihre Probleme direkt mit einem unserer Entwickler besprechen können und wir immer schnell reagieren. Diese Nähe und Flexibilität sind für uns entscheidende Faktoren.

Wie kam es im Jahr 2022 zum Wechsel an die Hochschule?

Das andere "Gen", das ich wohl habe, ist das Lehrergen. Meine Mutter ist pensionierte Lehrerin, mein Vater emeritierter Professor. Schon als Kind hatte ich den Berufswunsch Professor – damals dachte ich noch an Maschinenbau, was mein Vater lehrte. In der Schulzeit habe ich dann meine Vorliebe und vielleicht auch mein Talent für die Informatik entdeckt. Zwischenzeitlich war ich etwas von diesem Karriereweg abgekommen, da ich eher die Universitäten und nicht die Hochschulen im Blick hatte. Doch mit der Geburt meiner Tochter erwachte der Wunsch, mein Wissen an die jüngere Generation weiterzugeben, wieder neu. Die Anwendungsnähe der Hochschule Flensburg passte zudem viel besser zu meiner unternehmerischen Tätigkeit.

Wie finden Sie Balance zwischen Hochschule und Unternehmen?

Die Hochschule nimmt den größeren Teil meines Arbeitslebens ein. Im Unternehmen gibt es Mitarbeiter und Kolleginnen, auf die ich mich im täglichen Geschäft verlassen kann. Meine Rolle dort ist eher auf strategische Fragen und meine technische Expertise fokussiert. Natürlich trage ich zusammen mit einem zweiten Geschäftsführer die Verantwortung, auch wenn ich nicht mehr jeden Tag im Unternehmen bin. Der Hochschullehrer ist im Vergleich dazu eher ein “Einzelkämpfer". Allerdings macht mir das Lehren großen Spaß, und ich war schon immer ganz passabel darin, mich selbst zu organisieren und zu motivieren.

Welche Auswirkungen hatte Ihre Praxistätigkeit auf Ihre Lehre?

Die Technologie, besonders in der Informatik, entwickelt sich in hohem Tempo weiter. Der Blick auf die Praxis ist dabei äußerst wertvoll. Zudem habe ich durch meine berufliche Tätigkeit ein gutes Gespür dafür entwickelt, wo die Lücken und Schwierigkeiten bei Berufsanfängern liegen. Das hilft mir, in der Lehre gezielt auf Bereiche einzugehen, in denen die Ausbildung besser sein könnte.

Aus welchen Gründen arbeiten nicht mehr ProfessorInnen als UnternehmerIn mit der Wirtschaft zusammen?

Beide Tätigkeiten, sowohl das Unternehmertum als auch die Professur, sind vor allem zeitlich sehr anspruchsvoll. Von ProfessorInnen wird eine Vielzahl von Aufgaben in Lehre, Forschung, Transfer und Selbstverwaltung erwartet. Die Politik tut sich seit langem schwer, die notwendigen Freiräume, insbesondere beim Lehrdeputat an Hochschulen, zu schaffen. In der Praxis ergibt es sich daher oft, dass einige eher in der Lehre, andere in der Forschung tätig sind und wiederum andere durch Unternehmen zum Wissenstransfer beitragen. Außerdem wird die unternehmerische Tätigkeit zum Teil kritisch gesehen. Deshalb freue ich mich über jede Gelegenheit, über die positiven Aspekte zu berichten. 

Was muss sich ändern, damit mehr ProfessorInnen diesen Schritt wagen?

Ich denke, die Vorteile für beide Seiten sollten stärker hervorgehoben werden. Es gibt oft die Angst vor der Frage: "Wie macht der das? Der kümmert sich bestimmt mehr um die Firma und macht den Professoren-Job nur nebenbei." Dabei wird nach meiner Beobachtung niemand Professor, um das nur "nebenbei" zu machen. Beide Rollen können sich ergänzen, und diese positiven Synergien sollten mehr Anerkennung finden.

Was wären Ihre wichtigsten Tipps für Studierende, Promovierende und ProfessorInnen, die zwischen Hochschule und Wirtschaft unternehmerisch tätig werden wollen?

Es ist wichtig, bereit zu sein, Risiken einzugehen, und flexibel zu bleiben, besonders wenn es um unternehmerische Entscheidungen geht. Oft ist es besser, zu starten und unterwegs zu lernen, anstatt auf den perfekten Moment zu warten. Es ist wichtig, Prioritäten zu setzen und sich gut zu organisieren. Ein Co-Gründer oder Partner kann helfen, Risiken zu teilen und zusätzliche Expertise einzubringen.

Welches Feedback bekommen Sie von Studierenden, wenn die erfahren, dass Sie unternehmerisch tätig sind?

Die meisten Studierenden reagieren sehr positiv, wenn sie erfahren, dass ich unternehmerisch tätig bin. Sie schätzen es, dass ich praxisnahe Einblicke geben kann und die Herausforderungen aus erster Hand kenne. Ich habe durchaus das Gefühl, dass dies bei den Studierenden ein kleines bisschen extra Glaubwürdigkeit bringt. Viele sehen darin eine zusätzliche Motivation, da sie merken, dass das, was sie im Studium lernen, direkt in der realen Welt anwendbar ist.

© Stefan H. Poleck

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